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Globaler Austausch wird im Humboldt-Gymnasium auch in Namibia gelebt. Kernstück des Projektes war bisher die Arbeit in zwei Schulen, in denen die Schülerinnen und Schüler im Unterricht assistieren und ggf. kleine Unterrichtseinheiten gestaltet haben. Am Nachmittag fand jeweils ein Bastel- und Sportangebot mit den Kindern statt, wobei die TeilnehmerInnen mit den Kindern spielen und sie bei den z.T. aus Deutschland mitgebrachten Bastelvorhaben unterstützen. Das Sozial-Projekt wurde von Schülerinnen und Schülern der Oberstufe des Humboldt-Gymnasiums nun schon zum dritten Mal (2013, 2016, 2018) durchgeführt, wobei sie die globalen Zusammenhänge, Chancen und Schwierigkeiten reflektieren und dabei über ihren Horizont hinauswachsen.
Ein Erfahrungsbericht einer Schülerin
Namibia 2018
Ein Bericht
Die Mädchen des Kinderhostels in Mariental bilden einen großen Kreis und singen gemeinsam eines ihrer unzähligen, selbstausgedachten Lieder, während in der Mitte eine von ihnen tanzt und dabei begeistert beklatscht wird. Auch wir werden an den Händen gehalten und in den Kreis eingeschlossen. „Now it’s your turn, miss!“. Mit dieser eindeutigen Aufforderung werde ich nun erwartungsvoll auf die Tanzfläche geleitet, während mir nur durch den Kopf schießt, dass ich diesen Kindern niemals das Wasser reichen kann, und in Kürze mit unterentwickeltem Rhythmusgefühl und nicht existentem Hüftschwung für Belustigung sorgen werde.
In Namibia ist Singen und Tanzen Alltag. Das „Land der Farben und Klänge“ scheint Musik als Amtssprache zu haben. Denn in der Schule singen alle Kinder, egal ob sie morgens aus dem Township oder aus einem der Steinhäuser der Location kommen, ob sie in einer Großfamilie oder in einem Kinderheim leben, oder ob sie zum Nama- oder Hererostamm gehören. Sie alle singen einstimmig „Education is the key of your life “, die inoffizielle Schulhymne der Grundschule in Mariental, selbstkomponiert von ihrem Schulleiter.
Im Rahmen des Namibia- Projektes hat unsere Gruppe aus 17 Schülerinnen und Schülern der Stufen EF bis Q2, begleitet von Frau Arning, Frau Limbach und Herrn Grosche, im Sommer 2018 drei unvergleichliche Wochen in Namibia verbracht. Schon beim ersten Info- Treffen machte Frau Arning eines sehr deutlich: Dieses Projekt wird kein Urlaub für euch. Es kann herausfordernd sein und manchmal anstrengend. Ihr werdet traurige und schöne Dinge sehen. Aber sicher ist, dass ihr Erfahrungen fürs Leben mitnehmen werdet.
Mit all dem hat sie Recht behalten. Die Eindrücke, die wir gesammelt haben, sind unzählbar und so facettenreich, dass sie den Rahmen eines einzigen Berichtes schnell sprengen. Eine kurze Zusammenfassung unserer Aktivitäten und „Einsatzbereiche“ können vielleicht einen ersten Überblick schaffen. Nachdem wir Anfang Juli in Namibias Hauptstadt Windhoek ankamen, wurden wir von unserem Busfahrer Harold, der uns noch auf vielen Stationen kreuz und quer durchs Land begleiten sollte, nach Mariental gefahren. In dieser kleinen Stadt verbrachten wir die nächsten zwei Wochen. Wir waren jeweils in namibischen Gastfamilien und einem Guesthouse der Kirche untergebracht, wobei wir die Unterkünfte nach der Hälfte der Zeit tauschten. Ab dem ersten Tag in Gastfamilien und Guesthouse waren wir wirklich richtig in Namibia angekommen und tauchten in das Leben der dort lebenden Menschen so ein, wie es kein Tourist jemals könnte. Wir wurden Teil 20-köpfiger Familien, die, damit wir ein eigenes Zimmer hatten, noch enger zusammenrückten und auf dem Wohnzimmerboden schliefen. Wir kochten gemeinschaftlich das Abendessen, bekamen Babys in den Arm gedrückt und lernten nach vielen Anstrengungen doch noch auf Khoekhoegowab, der Klicklautsprache, bis 10 zu zählen.
In Mariental bestand unser Alltag darin, dass wir uns morgens an den Grundschulen trafen, um dann bis mittags im Unterricht zu hospitieren und nachmittags in einem sogenannten Hostel, einer Art Kinderheim, mit den Kindern zu spielen. Nach der „Arbeit“ mit den Kindern reflektierten wir die Erlebnisse des Tages in gemeinsamen Auswertungsrunden, bevor die Hälfte der Gruppe zurück in die Gastfamilien ging, während die Andere im Guesthouse blieb. Während dieser Zeit wurden wir in Kleingruppen auf Ausflüge in nahegelegte Städte mitgenommen, in denen wir zum Beispiel die Projekte der vergangenen Jahre, wie ein durch Spendengelder unterstütztes Kinderheim in Gochas besichtigten. Dank Frau Arnings engem Kontakt zu einer namibischen Familie, wurden wir in unserer Zeit stets begleitet und hatten direkte Ansprechpartner, die sich uns voll Gastfreundschaft annahmen und uns einen so intensiven Einblick in ihr Leben ermöglichten. Dieses Privileg, einer unfassbar eindrucksvollen, lebensnahen Teilnahme an dem Alltag der Menschen, war deshalb immer mit einem Gefühl von Sicherheit verbunden.
Nach unserem intensiven Aufenthalt in Mariental, folgte die Besichtigung mehrerer Stationen und Projekte im Land, darunter ein weiteres Kinderhostel, in welchem wir für drei Tage mit den Kindern wohnten und spielten. Als Abschluss unserer Reise besuchten wir in der Wüste von Sossusvlei die atemberaubenden Sehenswürdigkeiten der namibischen Natur.
Neben den verschiedenen Stationen, die wir während der Zeit in Namibia kennenlernten, wird das Projekt jeden von uns, vor allem, wegen den unfassbar intensiven Eindrücke in die Lebensumstände der dort einheimischen Menschen, nachhaltig begleiten. Wir lebten nicht nur unter vollkommen neuartigen Umständen in einem Land, dessen Lebensweise sich vollkommen von unserer unterscheidet, sondern wir erlebten so nah wie nie zuvor, was Armut und das daraus resultierende Leid bedeutet. Dies geschah beispielsweise auf unseren Gängen durch das Township Marientals, welches wenige Minuten von unseren eigenen Unterkünften entfernt war und dessen Wellblechhütten den Wohnort vieler Schulkinder darstellten, mit denen wir Tag für Tag Zeit verbrachten. Wir mussten lernen mit Situationen umzugehen, in denen wir auf der Straße oder in der Schule mit bettelnden Kindern konfrontiert wurden, die offensichtlich Hunger erlitten. Auch die manchmal enttäuschenden Ergebnisse von Entwicklungshilfe wurden uns direkt vor Augen geführt, da wir den Aufenthalt in einem Kinderhostel in Gochas nicht realisieren konnten, da dieses trotz erfolgten finanziellen Mitteln ,die durch das Projekt zur Verfügung gestellt wurden, in einem sehr schlechten Zustand war.
Trotz dieser zwar traurigen, jedoch für das Projekt essenziellen Erfahrungen, wird unsere Erinnerung an das Land auch stark geprägt sein von Begegnungen mit einprägsamen Menschen, die uns eine Lebenseinstellung von unfassbarem Optimismus, Freude und gegenseitiger Solidarität vermittelten. Wir erlebten dies hautnah, da wir zum Beispiel in Familien lebten, die mehrere Waisenkinder in ihren Haushalt aufnahmen oder als alleinstehende Frauen noch im hohen Alter adoptierten. Die Kinder in Schule und Hostel berührten uns mit ihrer offenen, herzlichen Art und ihrer unendlichen Begeisterung über die Spiel- und Bastelsachen, die wir mitbrachten. Für uns alltägliche Dinge, wie Bügelperlen oder Ausmalbilder wurden in den Augen der Kinder im Hostel wertvolle Besitztümer, die sie stolz sammelten. Sie zeigten uns ihre, von Musik und Tanz erfüllte Kultur, die uns mitriss und zum Staunen brachte.
Der Aufenthalt in Namibia war für uns alle in jeglicher Hinsicht eine wahre Herausforderung, deren Bewältigung uns auf verschiedenste Weise bereichert hat. Sei es das Überwinden von Heimweh und anfänglichen Berührungsängsten in dem engen Kontakt zu den Kindern, Die Gewöhnung an ungewohnte Wohn- und Hygienestandards oder die Konfrontation mit bedrückenden Erlebnissen und deren Reflektion. Diese einmaligen Situationen und Erlebnisse, machten das Projekt zu einer Zeit voll wertvollen Erfahrungen, die uns noch lange begleiten wird.